Meine Eltern erwarteten ein gesunden Jungen. Sie freuten sich so sehr, mich endlich kennenlernen zu dürfen.
Am 20.10.2010 war es endlich soweit, nach einer Einleitung wurde ich doch per Kaiserschnitt geholt. Meine Eltern waren überglücklich mich in den Armen zu halten. Erst beim Anziehen wurde bemerkt, das etwas nicht stimmte.
Als ich 2 Tage alt war brachte man mich nach Augsburg um mich besser untersuchen zu können. Es wurde geröngt und Ultraschall gemacht, dann stellte man die Diagnose PFFD ( proximaler fokaler Femurdefekt)mit Fibulaaplasie. Das bedeutet, das mein Oberschenkel starkt verkürzt ist und mein Hüftkopf, der Schenkelhals sowie der Oberschenkelknochen nicht mit einander verbunden sind. Zudem fehlt mir noch der Wadenbeinknochen und mein Fuß ist zur Seite abgeknickt. Auch mein Knie ist verdreht und nicht richtig angelegt. Mein Längenunterschied beträgt jetzt schon 7 cm und es sollte noch mehr werden.
Meine Eltern waren geschockt, das es doch etwas ernsteres ist, als erst vermutet, aber richtig realisieren konnten sie es noch immer nicht. Sie waren allein mit ihren Ängsten und Sorgen und wussten gar nicht was zu tun ist. In Dillingen im Krankenhaus, bevor ich nach Hause durfte, haben die Ärzte meiner Mama ein paar Kliniken genannt wo wir eventuell mehr erfahren.
Dann durfte ich endlich nach Hause und konnte mich auf eine kurze Zeit allein mit meiner Familie freuen. Doch dann ging der Ernst des Lebens los. Seit dem 2. Lebensmonat gehe ich zur Krankengymnastik, auch meine Mama muss täglich daheim dehnen und mobilisieren. Wir hatten schnell einen Termin in einer der Spezialkliniken, dort konnte man meinen Eltern etwas über meiner Behinderung sagen und ihnen die Angst nehmen. Man sagte das ich alles wie andere Kinder machen kann lediglich nur eine Orthoprothese benötige zum laufen. Meine Mama fühlte sich sehr unwohl in dieser Klinik, aber sie konnte damals ihr Bauchgefühl noch nicht richtig zuordnen.
Als ich 2 Monate alt war, beschlossen meine Eltern, das wir ein Haus bauen, damit ich später eine Wertanlage besitze und falls doch Umbauten nötig sind das ohne Ärger gemacht werden kann. Sie vertrauten den Ärzten das ich ja alles machen kann wie andere Kinder auch.
So verging einige Zeit wir bauten unser Haus, ich machte regelmäßig Krankengymnastik und wir waren immer wieder in der Klinik.
Meine Mama jedoch fühlte sich dort immer unwohler und so beschloss sie eine 2. Klinik aufzusuchen, dort war ich ein Highligth wie so bei manch anderen Ärzten auch schon. Helfen konnten sie aber nicht. Wir versuchten es in einer 3. Klinik. Mein Papa konnte auch mit und wir fühlten uns wohl, wir wurden sogar auf Station gebracht und konnten andere Betroffene kennenlernen. Das half sehr.
Als wir meine Oma besuchten kam ein schrecklicher Anruf, mein Papa wollte mit dem Motorrad hinterherkommen, doch er schaffte es nicht mehr bis zu Ihr Heim, ein Autofahrer hat ihn übrsehen. Gott sei Dank hat er sich nur Prellungen zugezogen, dachte man! Erst später erfuhren wir, seine Knieprellung sollte ein Langzeitschaden sein, der beim Bauunterfangen nicht zuträglich ist.
Nun kommen auch noch weitere Neuigkeiten auf uns zu. Das Gespräch mit dem Arzt war erschreckend, es wurde aufeinmal von möglichen Operationen gesprochen. Es sollte bald möglichst ein MRT gemacht werden. Als ich 8 Monate war, waren wir stationär in dieser Klinik, ich wurde in Narkose gelegt und ein paar Stunden von meinen Eltern getrennt für die Befundaufnahme.
Nach diesen MRT war klar das ich um Operationen nicht herum komme und alle Träume und Vorhaben wurden zerstört.
Als ich dann 11 Monate alt war, stand die erste Operation an. Mein Wadenbeinknochen ist nicht vorhanden, aber dafür ein Strang, dieser hält meinen Schienbeinknochen davon ab gerade zu wachsen, dieser Strang wurde teilweise entfernt. Mein schon etwas gebogenes Schienbein wurde durchtrennt und gedreht, damit es wieder gerade ist, zudem wurde meine Achillessehne verlängert und mein Fuß gerade untergestellt. Die Operation verlief sehr gut, nun musste ich 10 Wochen ein Becken-Beingips tragen. Es war sehr schwer diese Zeit ich wollte doch unbedingt laufen und versuchte alles mögliche nur durfte ich ja nicht. Mama war sehr müde und verzweifelt und ich konnte es einfach nicht verstehen.
Als der Gips abkam bekam ich meine erste Orthoprothese. Sie tun weh, aber mit der hab ich die Chance zu laufen, also aktzeptiere ich diese und lernte mit 17 Monaten endlich zu laufen.
Ich lief noch nicht sicher und fiel sehr oft, aber es machte mir Spaß, doch dann gingen wir wieder ins Krankenhaus und ich wurde wieder in Narkose gelegt. Die erste große Hüftoperation stand an. Als ich aufwachte hatte ich Schmerzen ich hatte zwar kein Gips aber zum lachen war mir nicht mehr. Ich versuchte meine traurigen Eltern mut zu machen in dem ich lachte, aber meine Augen zeigten, das ich es nicht ernst meinte. Ich aß nicht mehr richtig, war immer wieder abwesend und in Gedanken. Als es langsam besser wurde, bekam ich auf einmal so starke Schmerzen, dass wir wieder in diese Klinik mussten. Meiner Mama sagte man die Schrauben seien verrutscht und man müsste diese neu positionieren das dauert ca 1 Stunde. 5 Stunden später durfte meine Mama endlich wieder zu mir und sie wusste genau das es mehr war wie nur Schrauben zu erneuern. Leider war mein Knochen komplett weggebrochen und ich trug ein Gips und somit auch wieder Windeln. Meine Laune besserte sich nicht, ich weinte viel und aß nur unter Zwang. Nach weiteren 2 Monaten im Beckengips, bekam ich eine Orthese mit Gelenk damit ich das Bein beim sitzen anwinkeln kann, doch leider war ich darin so instabil das ich nicht richtig laufen konnte.
So verging die Zeit, meine Eltern musste mich viel tragen unser Hausbau war zwar abgeschlossen, aber unsere Außenanlage ist noch sehr wüst. Wir versuchen Schritt für Schritt dieses zu ändern, doch es ist sehr schwer, da mein Papa durch den Unfall auch nicht mehr alles was geplant war machen kann.
Mittlerweile bin ich schon 2 ½ Jahre und es ist meine 5. Operation. Die Platte war schnell entfernt und die Ärzte meinten schon das wir bald wieder ein MRT machen müssen um die Fortschritte des OP-Marathon zu sehen. Als die Platte raus war und ich aufwachte, strahlte ich meine Eltern wieder das erste mal aufrichtig an und sie freuten sich so sehr, ihr altes glückliche Kind wieder zu haben.
Ein paar Monate später wurde dieses MRT gemacht, nur es warteten keine so tollen Nachrichten auf mich, es wurde gleich ein neues MRT mit Kontrastmittel beauftragt. Ich sollte Anfang nächsten Jahres wieder in Narkose gelegt werden um das OP-Ergebnis zu bestätigen. Aber meine Mama hatte schon seit der 1. Hüftoperation ein komisches Bauchgefühl und hörte nun endlich auf dieses und suchte eine weitere Klinik auf. Diese Ärzte dort waren sehr offen und ehrlich. Die bisherigen Operationen zeigten kein Erfolg, die neuen Ärzte verstanden nicht, wieso man das in der alten Klinik man uns nicht einfach sagte, sondern eine Behandlung nach der anderen Vorschlug, die eigentlich sinnlos sind.
Nun entschieden meine Eltern mit den Ärzten in der neuen Klinik, solang ich keine Schmerzen habe bleibt es nun wie es ist. Ich war außer zur Kontrolle 1 Jahr nicht mehr stationär in der Klinik. Ich kann endlich laufen, bin wieder die Windeln los und lebe mit ein Beinlängenunterschied von 27 cm. Die Ärzte wollten das ich das ganze Klinikdrama hinter mir lassen kann und endlich mal meine Kindheit genießen und mich entwickeln soll. Dafür sind wir alle dankbar, das wir so eine Chance bekamen.
Leider wird aber mein Gangbild schlechter, also machte Mama sich wieder auf der Suche nach Hilfe und gelang über eine andere Mama eines PFFD Kindes an Dr. Paley. Wir haben ihn im April getroffen.
Er hat schon 300 Kindern mit der selben Behinderung geholfen, diese Kinder laufen heute auf 2 gleichlangen
Beinen. Auch mir kann er helfen. Er müsste nochmal die Hüfte operieren gleichzeitig macht er das Knie mit. Und 1 Jahr nach dieser Operation kann er mit der Beinverlängerung beginnen. Es werden
mehrer Operationen nötig sein, aber der schwere Weg lohnt sich.
Unsere jetzigen Ärzte sind voll und ganz auf unsere Seite und unterstützen uns, da sie Dr. Paley als Orthopädieguru bezeichnen ( Sie haben das echt gesagt). Sie meinen es sei eine gute Entscheidung, da die Hüfte nun doch dringend gemacht werden müsste. Ich entwickel schon eine athrotische Hüfte und das ist für ein Kind sehr schlecht sehr sehr schlecht.
Meine Mama erklärte es meinem Papa so wie sie es verstanden hat, wird das Becken nicht richtig durchblutet da kein Druck und Zug durch die fehlenden Verbindung im Hüftgelenk kommt und somit bauen sich die Gelenke, Muskeln und Sehnen zum gehen ab.
Meine Eltern waren fassungslos, hier in Deutschland war noch nie die Rede einer Verlängerung, da ich so stark betroffen bin, aber dieser Arzt könnte aus mir ein ganz normales Kind machen. Es wäre ein langer Weg, aber mit ca 15 Jahren würde ich auf meine eigenen Beinen stehen und bräuchte keine Hilfsmittel mehr. Wenn mein Bein nicht operiert wird, müssen die Ärzte hier in Deutschland es im schlimmsten Fall sehr bald amputieren, da mein Becken schon Schaden nimmt.
Die Aussage der Ärzte, dass ich alles kann was auch andere Kinder können ist leider auch nicht wahr. Ich versuche es, alles zu können, zumindestens auf meinem eigenen Weg, aber nicht alles gelingt mir. Ich kann nicht rennen und wenn ich es doch versuche falle ich meistens hin, was nach einer neuen Operation verboten ist. Ich kann nicht einfach mal in die Hocke gehen, um etwas aufzuheben oder um von etwas runter zu hüpfen. Ich kann kein Fahrrad fahren, ich passe durch mein steifes Bein in sehr vielen Dingen nicht rein. Kinderautos, Karusell etc. Selbst von meinen Eltern das Auto wird langsam zu klein. Ich könnte nie Bobby Car fahren wie gesunde Kinder, dafür habe ich meine ganz spezielle Methode. Treppen laufen kann ich sehr langsam, aber es tut mir weh, nur zeige ich das nicht so weil ich gerne selbständig bin und ich kenne das alles ohne Schmerzen nicht. Vorallem kann ich aber nachts, wenn ich Angst habe, nicht allein zu meinen Eltern ins Zimmer ich muss immer weinen und hoffen sie kommen ganz schnell.
Ich bin ganz tapfer und ich suche mir immer Wege um nicht zuschauen zu müssen, sondern selber überall mitmachen zu können. Es ist aber so schwer, Nach dem Kindergarten möchte ich meine Orthese ausziehen weil mir alles weh tut, aber nach kurzen Pausen möchte ich diese wieder, um einfach das zu machen was andere Kinder auch machen.
Mein Sehnlichster Wunsch treibt meinen Eltern immer wieder Tränen in den Augen und ich kann nicht verstehen wieso. Ich sage ihr doch nur das ich so gern hätte, das mein kleines Bein endlich schneller wächst, damit ich mit meinen Freunden besser spielen kann und nicht immer alles so schwer ist.
Ich bin nun 3 ½ Jahre alt und habe nur diesen einen Wunsch.